Jeder, der sich ein Haustier anschafft weiß, dass irgendwann die Zeit zum Abschied nehmen kommt. Ich habe viele Tiere in meinem Leben verabschiedet. Hamster, Mäuse, Kaninchen. Alle hab ich geliebt.
Aber nichts ist vergleichbar mit dem Schmerz, den ich heute fühle. Heute, am Tag, an dem ich Willi gehen lassen musste. Die Diagnose Herztumor war schlimm. Ich hatte mich schon innerlich verabschiedet. Doch nach dem Punktieren drehte er wieder auf. So richtig. Er benahm sich, als sei nie was gewesen, als sei ich nicht 5 Tage in verschiedenen Tierkliniken mit ihm gesessen und habe um ihn geweint.
Ich war irritiert, aber auch glücklich. Ich dachte – wahrscheinlich macht die Liebe zu einem Tier so naiv – so kann es weiter gehen. Es geht ihm nicht gut, wir punktieren, dann ist alles wieder okay. Aber so war es nicht.
Zweieinhalb Monate nach dem ersten Punktieren ging es ihm plötzlich wieder schlecht. Ich bin direkt in die Klinik, wo man mir riet, ihn einschläfern zu lassen. Aber den Gedanken konnte ich zu dem Zeitpunkt nicht verarbeiten. Warum sollte ich meinen Hund töten, wenn er doch nach einer 10-minütigen Prozedur wieder fit wie ein Turnschuh durch die Welt läuft und Radau macht? Wir haben entschieden, ihm diese Chance noch ein Mal zu geben. Man weiß ja nie…..
Willi erholte sich, aber lange nicht so gut, wie beim letzten Mal. Freitags war die Behandlung und das Wochenende haben wir komplett gemeinsam verbracht. Ich musste ihn zum Fressen überreden, aber das war beim letzten Mal ja auch für 2 Tage der Fall….
Am Montag konnte ich ihn überzeugen, ein bisschen zu frühstücken. Ich bin mit ihm und Henry in den Wald gefahren, da wo wir im Sommer am liebsten waren. Er ist gelaufen, war im Bach um sich abzukühlen und sah glücklich aus.
An diesem Morgen fiel die Entscheidung, ihn am Freitag gehen zu lassen. Nach vielen Gesprächen und vielen Gedanken erschien es plötzlich ganz logisch: Vom Leiden erlösen ist eine gute Sache. Ihn gehen zu lassen, bevor er nochmal leiden muss, eine viel Bessere.
Ich habe mir immer geschworen, nicht egoistisch zu sein und dem Hund den Abschied zu erlauben, den er verdient. Aber als hätte er an diesem Tag zugehört, als wüsste er, dass er die Erlaubnis hat zu gehen und als wäre ihm klar, dass der Termin bereits vereinbart ist, hörte er ganz auf zu fressen.
Montag Abend ging es ihm nicht gut. Und dieses “du wirst es merken, wenn es an der Zeit ist” – von dem ich glaubte, ihm mit dem Termin für Freitag zuvorzukommen – war plötzlich da. Ganz deutlich hat er mir gezeigt, es ist so weit.
Dienstag den 14.05.24 um 10 Uhr hörte Willis Herz auf zu schlagen. Er war keine einzige Sekunde allein, während die Narkose ihn weg dösen ließ und das zweite Medikament ihn langsam für immer einschlafen ließ.
Ich kann nicht beschreiben, was für ein Gefühl dieser Verlust in mir ausgelöst hat. Willi und ich, das war jahrelang eine Hass-Liebe. Wir haben uns angeschrien, gekämpft, uns vertragen und lieb gehabt. Er war mir der beste Lehrer der Welt. Und es ist auf keinen Fall übertrieben wenn ich sage, ich wäre heute ein anderer Mensch ohne meinen Willi. Ich werde nie vergessen, wie ich ihm das erste Mal im Tierheim begegnet bin. Eigentlich als Gassigeher, später dann als Pflegestellenversager…. Er kam angelaufen, hat mir den Hintern zugedreht und sich auf meinen Schoß gesetzt. Das war sein Ding. Bis zum Schluss. Er hat meine Nähe gesucht, mich geliebt, herausgefordert, mich stark gemacht. Wir gegen den Rest der Welt.
Es ist mir egal, wenn Menschen sagen, man solle Hunde nicht vermenschlichen oder ihnen einen zu hohen Stellenwert beimessen. Willi hat mir beigebracht, nichts auf die Meinung anderer zu geben, solange ich mit mir und meinen Entscheidungen im Reinen bin.
Willi, du warst oft ein A….lochhund, aber du warst auch mein Retter, mein Tröster, mein Lehrer, meine Prüfung, mein Kuschelbär, mein Muntermacher, mein Quatschkopf.
Die Lücke, die du in meinem Leben hinterlässt ist riesig und tut so weh, dass es kaum auszuhalten ist. Danke für alles. Danke für fast 10 gemeinsame Jahre. Danke, dass du so warst wie du warst.
Ich liebe dich bis zum Mond und zurück. Du warst niemals “nur ein Hund” für mich.